© Stevica Mrdja / EyeEm, Getty Images

Datenschutz vs. Pressefreiheit: Der Fall Kate im Krankenhaus

Zuletzt aktualisiert am 04. April 2024

In jüngster Zeit sorgte ein Vorfall um die Princess of Wales, Kate, für Aufsehen. Einem Bericht zufolge versuchte ein Mitarbeiter der Londoner Klinik, in der Kate behandelt wurde, heimlich Zugang zu ihrer Patientenakte zu erlangen.

Dieser Vorfall wirft nicht nur Fragen bezüglich des Datenschutzes auf, sondern berührt auch die Thematik der Pressefreiheit, insbesondere wenn es um den Schutz von Persönlichkeitsrechten geht. 

Die rechtliche Situation in Deutschland

Die rechtliche Situation in Deutschland zum Verhältnis von Datenschutz und Pressefreiheit ist komplex. Sie ist geprägt von dem Bemühen, einen Ausgleich zwischen dem Schutz persönlicher Daten und der Freiheit der Presse zu finden. Eine freie und ungehinderte Presse ist unabdingbar in einer Demokratie. Daher ist die Pressefreiheit durch das Grundgesetz geschützt. Es erlaubt Journalist:innen, frei zu recherchieren und zu berichten. Gleichzeitig haben alle Bürger:innen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, ein Grundrecht, das den Datenschutz umfasst. Die Beschaffung von Informationen und die anschließende mediale Veröffentlichung können dabei einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bedeuten.

Müsste aber für jeden Beitrag die Einwilligungen der Betroffenen eingeholt werden, würden etwa Finanzskandale und investigative Recherchen wohl nie veröffentlicht. In bestimmten Fällen überwiegt das öffentliche Interesse also die Persönlichkeitsrechte von Einzelnen. 

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Um dieses Spannungsverhältnis zu lösen, hat die EU in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorgesorgt. Artikel 85 fordert einen Ausgleich zwischen Datenschutz und Pressefreiheit und gestattet weitreichende Ausnahmen von den allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen für journalistische Arbeit. In Deutschland sind diese Ausnahmen in den Landespressegesetzen, den Landesmediengesetzen und in § 12 des Medienstaatsvertrags geregelt. Dadurch entsteht ein gewisser rechtlicher Flickenteppich. Die Landesregelungen sind vom Regelungsgehalt allerdings recht ähnlich. Sie unterscheiden sich lediglich geringfügig im Wortlaut und zum Teil in ihrem Regelungsumfang.

Gerade die Tatsache, dass die DSGVO die Pressefreiheit so weitgehend schützt, macht es erforderlich, dass die Presse sich an die ethischen Grundsätze selbstverpflichtend hält. Daher gibt es für Journalist:innen und Redaktionen den Pressekodex, eine freiwillige Selbstverpflichtung, die Richtlinien für die journalistische Arbeit vorgibt und besonderen Wert auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte legt. Diese gilt aber nur für Medien und Verlage, die sich durch die Abgabe einer Selbstverpflichtungserklärung auch tatsächlich gegenüber dem Presserat verpflichtet haben.

Zudem funktioniert der Pressekodex lediglich durch die ethische Selbstverpflichtung. Wie wirksam diese ist, hängt wesentlich von der Integrität der Presse selbst ab. In vielen Fällen stehen hinter den regionalen Zeitungen und Medienverlagen große und übergreifende Marktmachtstrukturen mit erheblichem Einflusspotenzial. Sollten sich die Grundsätze dadurch ändern oder auflösen, ist auch der Schutz durch den Pressekodex nichtig. Mit großen Rechten kommt große Verantwortung.

Das Medienprivileg und die Ausnahmen gelten jedoch nur für die journalistische Arbeit. Administrative Aufgaben wie etwa im Personalbereich, in der Werbung oder der Abonnementverwaltung fallen unter die Vorgaben der DSGVO. Nicht zuletzt deshalb gilt ein Trennungsgrundsatz, nach dem zu unterschiedlichen Zwecken erhobene Daten getrennt verarbeitet werden müssen. 

Auflagen für die journalistische Arbeit

Der Pressekodex gibt die Grenzen von Berichterstattung und Recherche vor – sowohl für Print- als auch für Onlinemedien. Ein wichtiger Grundsatz ist die Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Demnach hat die Presse das Privatleben und die informationelle Selbstbestimmung von Betroffenen zu achten sowie den redaktionellen Datenschutz zu gewährleisten. Grundsätzlich gilt bei jedem Schritt, dass das öffentliche Interesse und die Persönlichkeitsrechte sorgfältig abgewogen werden müssen. Ist das Verhalten einer Person von öffentlichem Interesse, ist eine Veröffentlichung legitim. Bloße Sensationsinteressen reichen nicht aus.

Eine wichtige Regelung ist dabei auch der Auskunftsanspruch. Gegenüber der DSGVO ist dieser zwar eingeschränkt – nicht zuletzt, um Quellen und weitere Betroffene zu schützen –, aber dennoch ein wichtiges Betroffenenrecht. Zusätzlich können Betroffene auch bei redaktionellen Medien die Löschung und Berichtigung ihrer personenbezogenen Daten anfordern – zumindest theoretisch. In der Praxis sieht das allerdings oft anders aus. Medienunternehmen werden regelmäßig nur dazu verpflichtet, technische Maßnahmen zu treffen, um eine Auffindbarkeit über Suchmaschinen zur verhindern. Von Löschung oder Anonymisierung kann hier keine Rede sein.

Darüber hinaus sind die Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Pressekodex und den Landesgesetzen geregelt. Beispielsweise dürfen bei der Beschaffung keine unlauteren Methoden angewandt werden, verdeckte Recherchen sind nur im Einzelfall gerechtfertigt und bei schutzbedürftigen Personen gilt besondere Zurückhaltung. Zusätzlich müssen alle mit der Datenverarbeitung befassten Personen auf das Datengeheimnis verpflichtet werden. Demnach müssen die Daten geheim gehalten werden und unbefugte Verarbeitungen personenbezogener Daten sind untersagt. Auch bei der Übermittlung und Archivierung von personenbezogenen Daten macht der Pressekodex genaue Vorgaben, u. a. in Bezug auf technische und organisatorische Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit und Integrität. Diese müssen Verantwortliche im Rahmen ihrer Rechenschaftspflicht zudem nachweisen können.

Um die Unabhängigkeit der Presse zu wahren, sind die Aufsichtsbehörden nicht für die Überwachung der Redaktionen verantwortlich – dies ergibt sich aus dem Gebot der Staatsferne. Stattdessen ist der Deutsche Presserat für Beschwerden zuständig. An diese Stelle können sich Betroffene wenden, wenn sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen. Bei Verstößen gegen den Pressekodex kann der Presserat einen Hinweis, eine Missbilligung oder eine öffentliche Rüge aussprechen. Darüber hinaus können Verstöße gegen den Datenschutz zivilrechtliche Haftungsfragen nach sich ziehen.

Zusätzlich ist der Presserat präventiv tätig und schafft Bewusstsein für einen ordnungsgemäßen Umgang mit personenbezogenen Daten im Rahmen der Pressarbeit. Hinzu kommt die Beratung der Redaktionen bei datenschutzrechtlichen Fragen.

Für viele sind der Kodex und der Presserat allerdings ein zahnloser Tiger. Es kommt nicht selten zu Fällen, in denen Medien öffentliche Rügen nicht entsprechend abdrucken und prominent platzieren. Gerade die „Bild“ ist hierfür bekannt. Moritz Tschermak, Chefredakteur bei „bildblog.de“, einer Website, die die Presselandschaft kritisch beobachtet: „Es ist so, dass es die Redaktion nicht nur nicht juckt, teilweise wird es auch als Auszeichnung verstanden.“ 

Der Fall Kate im Krankenhaus: Eine Einordnung

Der Vorfall von Kate im Krankenhaus wirft die Frage auf, wie weit die Pressefreiheit gehen darf und wo die Grenzen des Datenschutzes beginnen. Obwohl der spezifische Versuch, sich Zugang zu Kates Akte zu verschaffen, mehr ein direkter Verstoß gegen Datenschutzgesetze als eine Frage der Pressefreiheit zu sein scheint, beleuchtet er dennoch das allgemeine Problem der Informationsbeschaffung über Personen des öffentlichen Lebens. Nicht zuletzt, weil dies nicht der erste Fall war, in dem Kate Opfer einer Sicherheitslücke wurde und Informationen über ihren gesundheitlichen Zustand gegen ihren Willen an die Öffentlichkeit geraten sind. Auch in diesem Fall hat sich das Königshaus nicht zu ihrem Krankenhausaufenthalt geäußert.

Der Fall verdeutlicht, dass trotz des besonderen Schutzes der Pressefreiheit, die journalistische Tätigkeit nicht über dem Gesetz steht. So dürfen Journalist:innen bei der Recherche keine unlauteren Mittel einsetzen. Dies ist im Fall Kate nach dem Strafgesetzbuch (StGB) definitiv geschehen – zumindest von dem Krankenhausmitarbeiter. Durch den versuchten Zugriff auf die Akte kam es zu Verstößen gegen: 

  • § 202a StGB: Ausspähen von Daten
  • § 202b StGB: Abfangen von Daten
  • § 202c StGB: Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten
  • § 203 StGB: Verletzung von Privatgeheimnissen – sollten die Daten von einem Mitglied des Krankenhauses weitergegeben werden

Zusätzlich müssen Journalist:innen bei ihrer Arbeit sorgfältig abwägen, ob das öffentliche Interesse eine Berichterstattung rechtfertigt und ob diese Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person verletzt. Der Pressekodex bietet hierfür Leitlinien, die auch in diesem konkreten Fall anwendbar sind. Zum einen steht im Pressekodex eindeutig, dass vor allem körperliche und physische Erkrankungen oder Schäden zur Privatsphäre gehören. Ohne Zustimmung sollte nicht über sie berichtet werden. Zum anderen genießt der Aufenthaltsort, wie z. B. Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, besonderen Schutz.

Im Fall Kate hat also nicht nur der Mitarbeiter, der sich Zugang zu ihrer Krankenakte verschaffen wollte, ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Man könnte argumentieren, dass auch (zumindest) die deutsche Presse durch die konkrete Benennung ihrer Behandlung und ihres Aufenthaltsortes zu weit gegangen ist. 

Fazit

Der Fall Kate im Krankenhaus unterstreicht die Notwendigkeit, das sensible Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Pressefreiheit zu wahren. Es zeigt, dass der Schutz von Persönlichkeitsrechten gerade im Zeitalter der Informationsfreiheit von höchster Bedeutung ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland suchen diesen Ausgleich zu gewährleisten, indem sie sowohl den Datenschutz als auch die Pressefreiheit schützen. Der Vorfall dient als Erinnerung daran, dass der Schutz der Privatsphäre und die Wahrung der Persönlichkeitsrechte auch bei Personen des öffentlichen Lebens nicht vernachlässigt werden dürfen.

Person sitzt mit einer Zeitung auf einer Bank

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Quellen

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (o. J.): „Datenschutz bei der Presse“, https://www.bfdi.bund.de/DE/Buerger/Inhalte/Allgemein/Datenschutz/Datenschutz_Presse.html, letzter Zugriff am 28. März 2024.

Deutscher Presserat (2021): „Leitfaden Redaktionsdatenschutz“, https://www.presserat.de/files/presserat/dokumente/download/DPR_Leitfaden_Redaktionsdatenschutz_2021.pdf, letzter Zugriff am 28. März 2024.

Deutschlandfunk Kultur (2021): „Auf dem Weg zur Rüge, die nicht juckt“, 07. Dezember 2021, https://www.deutschlandfunkkultur.de/bild-zeitung-ruege-presserat-100.html, letzter Zugriff am 02. April 2024.

Initiative Tageszeitung e. V. (o. J.): „Recht auf Vergessenwerden“, https://initiative-tageszeitung.de/lexikon/recht-auf-vergessenwerden/, letzter Zugriff am 02. April 2024.

Spiegel Panorama (2024): „Klinikmitarbeiter soll versucht haben, Krankenakte von Kate einzusehen“, https://www.spiegel.de/panorama/leute/prinzessin-kate-klinikmitarbeiter-soll-versucht-haben-ihre-krankenakte-einzusehen-a-9798d095-e8e4-4079-9c47-22b54955ea9a, letzter Zugriff am 28. März 2024. 

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