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Digitales Erbe: Was passiert mit Social-Media-Accounts?

Was mit dem materiellen Nachlass einer Person nach ihrem Tod geschieht, ist gesetzlich klar geregelt. Aber wie sieht es mit etwas so wenig greifbarem wie Social-Media-Accounts aus? Diese werden in den Gesetzen nicht konkret erwähnt. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) bringt allerdings Klarheit: Der Anspruch auf Zugang zu einer Plattform ist vererblich.

Wir haben für Sie zusammengefasst, wie es zu dieser Grundsatzentscheidung kam, welche Pflichten dadurch auf Social-Media-Plattformen zukommen und wie Sie ihr digitales Erbe schon jetzt regeln können. 

Grundsatzentscheidung de Bundesgerichtshofs über digitales Erbe

Auslöser der Grundsatzentscheidung war der Tod eines 15-jährigen Mädchens 2012 in einem Berliner U-Bahnhof. Die Eltern vermuteten einen Suizid und wollten im Facebook-Profil ihrer Tochter nach Hinweisen suchen sowie Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abwehren.

Facebook hatte den Account jedoch in den sogenannten Gedenkzustand versetzt und verweigerte den Eltern somit den Zugang. Daraufhin haben die Eltern Klage eingereicht und Recht bekommen. In einer Grundsatzentscheidung hat der BGH Facebook 2018 dazu verpflichtet, den Eltern Zugang zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter zu gewähren.

Obwohl Erb:innen Einblick in Daten von Dritten – z.B. durch Chatverläufe – erhalten, verstößt die Zugangsgewährung nicht gegen die DSGVO. Zum einen ist der Zugang zur Wahrung von vertraglichen Pflichten erforderlich. Zum anderen besteht ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Erb:innen an der Zugangsgewährung, das sich auf das grundrechtlich geschützte Erbrecht stützt.

Damit ist der digitale Nachlass wie das materielle Erbe zu behandeln: Alle Rechte und Pflichten gegenüber Onlinediensten gehen somit auf die Erb:innen über. Diese können dann über die geerbten Konten und die verknüpften Daten verfügen – auch wenn Facebook einen Account in den Gedenkzustand versetzt hat. Aus erbrechtlicher Sicht gibt es also keine Gründe, den digitalen Nachlass anders zu behandeln.

Pflichten von Social-Media-Plattformen

Laut der Grundsatzentscheidung des BGH müssen Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Instagram den Erb:innen Zugang zum Nutzungsprofil der Verstorbenen inklusive der enthaltenen Kommunikationsinhalte gewähren. Das hat Facebook zunächst etwas anders ausgelegt.

Nach dem ersten Urteil des BGH stellte Facebook den Eltern einen USB-Stick mit einem 14.000 Seiten zählendem PDF-Dokument bereit. In dem Dokument waren alle Profilinhalte gespeichert. Damit haben sich die Eltern des verstorbenen Mädchens allerdings nicht zufriedengegeben – sie wollten einen tatsächlichen Zugang zum Account und sind erneut vor den BGH gezogen. Dieser hat ihnen 2020 erneut Recht gegeben: Die Eltern haben Anspruch, sich in dem Account ihrer Tochter genauso zu bewegen wie zuvor ihre Tochter. Einzige Einschränkung: Sie dürfen das Konto nicht aktiv nutzen.

Im Rahmen des digitalen Erbes werden also nicht nur die Informationen aus dem Konto vererbt, sondern auch der Zugang zum Account selbst. Diesen müssen Social-Media-Plattformen den Erb:innen zur Verfügung stellen. 

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Digitales Erbe und wie Sie damit umgehen können

Wenn Sie Social-Media-Plattformen nutzen, sollte Ihnen also grundsätzlich bewusst sein, dass Ihre Erb:innen die Daten, die Sie dort teilen, nach Ihrem Tod potentiell einsehen können.

Bei vielen Plattformen haben Sie allerdings die Möglichkeit, Ihren digitalen Nachlass schon jetzt zu regeln. In den Einstellungen können Sie aktiv entscheiden, was nach Ihrem Tod mit Ihrem Profil und den damit verknüpften Daten passieren und wer Einblick erhalten soll. Bei Facebook können Sie beispielsweise einen Nachlasskontakt angeben oder festlegen, dass das Konto endgültig gelöscht werden soll.

Um Ihr digitales Erbe schon jetzt vollständig zu regeln, ist es in vielen Fällen sinnvoll, eine Vertrauensperson festzulegen und eine Liste mit allen Konten inklusive Passwörter anzulegen. Diese sollten Sie stets aktuell halten und entweder ausgedruckt an einem sicheren Ort oder auf einem verschlüsselten USB-Stick hinterlegen.

Alternativ können Sie auch die Vertrauensperson bevollmächtigen, dass sie sich um Ihr digitales Erbe kümmern soll.  

So können Sie in der Vollmacht beispielsweise aufzählen, wie die Vertrauensperson mit Ihren Daten umzugehen hat und welchen Vertrag bzw. Account sie endgültig löschen soll. Auch wie mit den Daten auf Ihren (mobilen) Endgeräten und den Endgeräten selbst umgegangen werden soll, können Sie hier festhalten.

Die Vollmacht müssen Sie handschriftlich verfassen, mit einem Datum versehen und unterschreiben. Sie muss auch unbedingt über den Tod hinaus gelten. Prinzipiell kommt auch ein Testament für derartige Regelungen in Frage. Damit dies nicht wegen Formfehler ungültig wird, sollten Sie allerdings anwaltliche oder notarielle Unterstützung hinzuziehen.

Da jede Social-Media-Plattform eigene Einstellungen und Regelungen hat, sollten Sie auch Ihr digitales Erbe schon rechtzeitig regeln und klar festlegen, was mit Ihren Daten und Konten nach Ihrem Ableben passieren soll. 

Person sitzt mit einer Zeitung auf einer Bank

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Quellen

Bundesgerichtshof (2018): „Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist vererbbar“, Pressestelle des Bundesgerichtshofs, 12. Juli 2018, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=85390&pos=0&anz=11, letzter Zugriff am 12. Juli 2021.

Bundesregierung (2018): „Digitalen Nachlass rechtzeitig regeln“, 20. Juli 2018, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/digitalen-nachlass-rechtzeitig-regeln-842050, letzter Zugriff am 12. Juli 2021.

Özdemir, Marijam (2021): „Digitales Erbe: Was passiert im Todesfall mit Social Media Accounts?“, Data Guard, 26. März 2021, https://www.dataguard.de/magazin/digitales-erbe-was-passiert-im-todesfall-mit-social-media-accounts, letzter Zugriff am 12. Juli 2021. 

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