Melden Sie sich zu unserem Newsletter an!
In unserem monatlich erscheinenden Newsletter informieren wir Sie über alle wichtigen Ereignisse, Neuerungen sowie Urteile. Melden Sie sich an und sichern Sie sich unsere Flowchart "Kaltakquise: Benötige ich eine Einwilligung?".
Jetzt anmelden!© relif, Getty Images
Europaweite Harmonisierung der Bußgelder bei Datenschutzverstößen – Die neue EDSA-Leitlinie
Zuletzt aktualisiert am 28. Juni 2023
Die Datenschutzbehörden in Europa haben lange auf eine einheitliche Regelung zur Bußgeldzumessung bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gewartet. In der Sitzung vom 24. Mai 2023 hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) nach jahrelanger Vorarbeit nun die endgültigen Leitlinien zur Bußgeldzumessung angenommen.
Mit dieser neuen Leitlinie wird die Bußgeldpraxis europaweit harmonisiert, um gleiche Sanktionen und Abschreckungswirkungen zu gewährleisten. Die Berechnungsmethodik umfasst fünf Schritte und ist stark umsatzorientiert.
In diesem Blogbeitrag werden wir einen genaueren Blick auf die neuen Leitlinien werfen und ihre Auswirkungen auf die Bußgeldpraxis und den Datenschutz im EWR diskutieren.
Hintergrund
Ein wichtiger Aspekt der neuen Leitlinien ist die Einführung eines einheitlichen Maßstabs für die Bußgeldzumessung im EWR. Deutschland war an der Entwicklung dieser Leitlinien beteiligt, insbesondere mit den Aufsichtsbehörden Berlins, Hessens und des Bundes.
Die neue einheitliche Methode zur Berechnung der Bußgelder soll zu einer Harmonisierung der Bußgeldpraxis in ganz Europa führen.
Das Zumessungsverfahren der neuen Leitlinie besteht aus insgesamt fünf Schritten, die bei der Bußgeldberechnung berücksichtigt werden.
Schritt 1: Konkurrenzen
Im ersten Schritt wird untersucht, ob mehrere Gesetze durch dieselbe Handlung oder durch mehrere Handlungen verletzt wurden. Der Gesamtbetrag der Geldbuße sollte auf das einfache gesetzliche Höchstmaß des schwersten Verstoßes beschränkt sein.
Schritt 2: Ermittlung des Ausgangsbetrags
Im zweiten Schritt wird anhand des Schweregrads der Tat und des Umsatzes des Unternehmens ein Ausgangsbetrag für die weitere Bußgeldberechnung ermittelt. Dabei werden Art, Schwere und Dauer des Verstoßes, die Verschuldensform und die betroffenen Kategorien personenbezogener Daten bewertet. Es werden Ausgangsbeträge für drei Grade (niedrig, mittel, hoch) festgelegt und sechs Größenklassen zur Einordnung des Umsatzes verwendet.
Schritt 3: Berücksichtigung von erschwerenden und mildernden Umständen
Im dritten Schritt werden die weiteren erschwerenden und mildernden Umstände berücksichtigt. Dabei werden das Verhalten der Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter:innen, Maßnahmen zur Schadensminderung, der Grad der Verantwortung, frühere Verstöße, die Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden und weitere Faktoren bewertet. Diese Faktoren können die Höhe der Geldbuße beeinflussen.
Schritt 4: Gesetzlicher Höchstbetrag
Im vierten Schritt wird der gesetzliche Höchstbetrag ermittelt, um sicherzustellen, dass die ermittelte Geldbuße nicht die Höchstgrenze überschreitet.
Schritt 5: Wirksamkeit, Abschreckung und Verhältnismäßigkeit
Im abschließenden fünften Schritt können Anpassungen vorgenommen werden, um einen wirksamen, abschreckenden und verhältnismäßigen Betrag sicherzustellen. Eine erhöhte Buße kann beispielsweise durch einen "Abschreckungsmultiplikator" festgelegt werden. Die Bußgeldhöhe muss angemessen und verhältnismäßig sein und soll sowohl abschreckend als auch wirksam sein, um die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu gewährleisten.
Auswirkungen der neuen Leitlinien
Die Einführung der neuen Leitlinien zur Bußgeldzumessung durch den EDSA hat mehrere Auswirkungen und Vorteile für den Datenschutz im EWR:
1. Harmonisierung
Die Leitlinien führen zu einer harmonisierten Bußgeldpraxis in ganz Europa, indem sie einen einheitlichen Maßstab für die Bußgeldzumessung einführen. Dadurch wird eine konsistente und vorhersehbare Anwendung der Datenschutzvorschriften ermöglicht – auch bei grenzüberschreitenden Verarbeitungen.
Allerdings haben Aufsichtsbehörden auch einen gewissen Spielraum, in dem sie sich bewegen können z. B. in Bezug auf die Einordnung in einen Schweregrad. Hier gibt es in der Leitlinie anschauliche Beispiele, die konkrete Einordnung wird aber in weiten Teilen der aufsichtsbehördlichen Praxis überlassen. Außerdem können Aufsichtsbehörden Festbeträge einrichten, um Sanktionen bei gleichartigen Verstößen zu beschleunigen. Statt nur die „gelbe Karte“ zu ziehen und zu verwarnen können die Behörden so öfter kleinere Bußgelder verhängen. Das steht somit der Harmonisierung entgegen, erlaubt aber eine schnellere Abarbeitung.
2. Transparenz
Die klaren Schritte und Kriterien des Zumessungsverfahrens schaffen Transparenz und ermöglichen es den Unternehmen, besser zu verstehen, wie Bußgelder berechnet werden. Dies erleichtert eine angemessene Risikobewertung und Compliance-Maßnahmen.
Sie wollen up to date bleiben?
In unserem monatlich erscheinenden Newsletter informieren wir Sie über alle wichtigen Ereignisse, Neuerungen sowie Urteile. Melden Sie sich an und sichern Sie sich unsere Flowchart "Kaltakquise: Benötige ich eine Einwilligung?".
3. Abschreckung
Die einheitliche und transparente Methode zur Berechnung der Bußgelder hat das Potenzial, abschreckend zu wirken. Unternehmen können nun besser einschätzen, welche Bußgeldhöhen bei Verstößen zu erwarten sind, und sind eher geneigt, angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden.
Zudem wird erwartet, dass das Niveau der Bußgelder im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum deutlich ansteigen wird. Zwar führen die breiten Größenklassen zu einer groben Stufung und Sprüngen bei Unternehmen im Grenzbereich der Größenklassen. Das können Aufsichtsbehörden allerdings im fünften Schritt durch die sogenannten Abschreckungsmultiplikatoren regulieren.
4. Effektive Durchsetzung
Die neuen Leitlinien ermöglichen eine effektive Durchsetzung des Datenschutzrechts, indem sie die Bußgeldzumessung anhand objektiver Kriterien und Faktoren festlegen. Dies stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Datenschutz und fördert die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Außerdem kann so vermieden werden, dass Unternehmen sich gezielt Mitgliedsstaaten mit vermeintlichen geringen Bußgeldern niederlassen.
Fazit
Die europaweite Harmonisierung der Bußgeldzumessung nach den neuen Leitlinien des EDSA stellt einen bedeutenden Fortschritt im Datenschutz im EWR dar. Durch die Einführung eines einheitlichen Maßstabs und eines transparenten Zumessungsverfahrens werden konsistente, angemessene und abschreckende Bußgelder gewährleistet. Dies trägt dazu bei, die Einhaltung des Datenschutzrechts zu fördern und die Rechte der Betroffenen zu schützen. Unternehmen sollten sich daher mit den neuen Leitlinien vertraut machen und sicherstellen, dass sie angemessene Datenschutzmaßnahmen implementieren, um Verstöße zu vermeiden und die personenbezogenen Daten der Betroffenen zu schützen.
Quellen
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (2023): „Gemeinsame Pressemitteilung – Einheitliche Regeln für Datenschutzbußgelder in Europa“, 08. Juni 2023, https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/gemeinsame-PM-Bu%C3%9Fgeld-Leitlinien.html, letzter Zugriff am 28. Juni 2023.
Weber, Dr. Marc Philipp und Daniel Rotter (2022): „Einheitliche Bußgeldfestsetzung im Europäischen Wirtschaftsraum. Die neuen Leitlinien des EDSA zur Berechnung von Bußgeldern“, Zeitschrift für Datenschutz, Heft 8.
ZD-Aktuell (2023): „EDSA: Einheitliche Regeln für Datenschutzbußgelder in Europa“, Heft 11.