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SCHUFA und der Datenschutz: Transparenz und Bedenken
Zuletzt aktualisiert am 09. Oktober 2023
Die SCHUFA – für Viele ein Begriff, der für finanzielle Bonität und Kreditwürdigkeit steht. Egal, ob es um die Beantragung eines Handyvertrags, die Anmietung einer Wohnung, den Ratenkauf eines Elektrogeräts oder die Aufnahme eines Kredits geht, die SCHUFA-Auskunft ist allgegenwärtig.
Doch wie genau funktioniert die Bewertung durch die SCHUFA und welche Datenschutzbedenken werden durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und Datenschutzexpert:innen geäußert? In diesem Blogbeitrag gehen wir auf diese Fragen ein und beleuchten auch den neuen SCHUFA-Score-Simulator.
Ein Geheimnis namens SCHUFA-Score
Die SCHUFA sammelt und verwaltet Daten von rund 68 Millionen natürlichen Personen und 6 Millionen Unternehmen. Diese Daten dienen als Grundlage für die Berechnung des SCHUFA-Scores, der die Kreditwürdigkeit einer Person widerspiegelt.
Eines der zentralen Probleme beim Thema SCHUFA ist die Geheimhaltung des Bewertungsalgorithmus. Im Jahr 2014 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Score-Formel der SCHUFA als Geschäftsgeheimnis geschützt sei. Das bedeutet, dass Verbraucher:innen Anspruch auf Informationen über die sie betreffenden personenbezogenen Daten haben, aber nicht auf die Offenlegung der Score-Formel selbst.
Jedoch deutet sich an, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu dem Schluss kommen könnte, dass bereits die Erstellung des Score-Werts unter die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fällt und somit strengen Anforderungen unterliegt. Dies könnte zu mehr Transparenz im Scoring-Prozess führen.
Transparenz durch Technologie: Bonify
In diesem Kontext hat die SCHUFA reagiert und ermöglicht es Verbraucher:innen nun, ihren SCHUFA-Score digital und transparent über die App ihrer Tochterfirma Bonify einzusehen. Vor dieser Entwicklung war dies nur nach einem Antrag und einmal im Jahr kostenlos möglich. Die Bonify-App soll den SCHUFA-Basis-Score transparenter machen, indem sie Nutzer:innen die Möglichkeit gibt, ihn jederzeit einzusehen und über Push-Nachrichten über negative SCHUFA-Einträge zu informieren.
Ein Punkt, der jedoch Kritik auf sich zieht, ist die Möglichkeit, der SCHUFA Einblick in das Girokonto zu gewähren. Dabei werden die Kontobewegungen der letzten 90 Tage berücksichtigt, um die aktuelle Bonität genauer zu berechnen. Diese Funktion ist zwar freiwillig, wird jedoch wegen Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Privatsphäre kritisiert. Gemäß der DSGVO kann ein starkes Machtgefälle zwischen den Betroffenen und der verantwortlichen Stelle die Freiwilligkeit der Einwilligung in Frage stellen.
Ein weiteres Problem ist die Undurchsichtigkeit des SCHUFA-Scores. Die genaue Zusammensetzung des Scores ist nicht bekannt, und es wird vermutet, dass das Transparenzversprechen der App dazu dient, noch mehr Daten zu sammeln. Dennoch stellt die App eine niedrigschwelligere Möglichkeit zur Eigenauskunft dar.
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Transparenz durch Technologie: Score-Simulator
Um mehr Transparenz zu schaffen, hat die SCHUFA kürzlich den Score-Simulator eingeführt und zum ersten Mal wichtige Faktoren öffentlich gemacht. Der Simulator berücksichtigt sieben Schlüsselfaktoren, die den SCHUFA-Score beeinflussen:
- Girokonten: Die Dauer und Anzahl der Girokonten sowie die Fähigkeit, finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen, spielen eine Rolle.
- Kreditkarten: Das Alter der Kreditkarte und die Anzahl der Kreditkarten beeinflussen den Score.
- Ratenkredite: Die Höhe und Anzahl der Ratenkredite sowie die Erledigung von Ratenkrediten haben Auswirkungen.
- Immobilienkredite: Personen mit Immobilienkrediten neigen seltener zu Zahlungsausfällen, was den Score positiv beeinflusst.
- Online-Käufe auf Rechnung: Häufige Nutzung von Rechnungskauf kann den Score verschlechtern.
- Umzüge: Kürzlich stattgefundene Umzüge erhöhen das Risiko von Zahlungsausfällen.
- Zahlungsausfälle: Bereits zwei Mahnungen müssen versandt werden, bevor es zu einem SCHUFA-Eintrag kommt.
Der Simulator bietet Verbraucher:innen die Möglichkeit, den Einfluss dieser Faktoren auf ihren SCHUFA-Score besser zu verstehen. Dafür können sie im Score Fragen zu den sieben Schlüsselfaktoren beantworten und erhalten Erklärungstexte, inwiefern die Faktoren den Score beeinflussen.
Allerdings stimmen Score-Ergebnis und der echte Basis-Score nur in 60,4% der Fälle überein. Bei insgesamt 38,2% ist der Basis-Score mindestens eine Klasse besser als der Simulator. Der Simulator kann also nur einen groben Eindruck verschaffen. Für das genaue Ergebnis können Verbraucher:innen eine kostenlose Datenauskunft bei der SCHUFA beantragen.
13 von 17 Faktoren bekannt
Durch den Simulator hat die SCHUFA sieben ihrer 17 relevanten Merkmale zur Erstellung des Scores veröffentlicht. Gegenüber der Bild nannte das Unternehmen sechs weitere Faktoren:
- Offene Salden/Insolvenzverfahren
- Höhe der monatlichen Ratenkreditbelastung
- Alter des ältesten Ratenkredits
- Anzahl der Inkasso-Anfragen
- Anzahl der erledigten Negativmeldungen
- Anzahl der Kreditkartenanfragen im vergangenen Jahr
Die verbleibenden vier Merkmale des Scores sind unbekannt. Die SCHUFA hat auch nicht vor, diese künftig zu veröffentlichen. Der Transparenzwille der SCHUFA hat also ihre Grenzen.
Datenschutzbedenken und der EuGH
Trotz dieser Transparenzinitiative bleiben Datenschutzbedenken bestehen. So beispielsweise bei dem Generalanwalt des EuGH, Priit Pikamäe. Er argumentiert, dass die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit einer Person bereits als eine automatisierte Entscheidung gemäß Art. 22 Abs. 1 der DSGVO angesehen werden sollte. Das gilt insbesondere, wenn dieser Wert an Dritte, wie Banken, übermittelt wird und die Entscheidungen über Verträge maßgeblich von diesem Wert beeinflusst werden.
Darüber hinaus betont er die Bedeutung des Auskunftsrechts gemäß Art. 15 DSGVO, das nicht nur die Bestätigung der Verarbeitung personenbezogener Daten umfasst, sondern auch detaillierte Informationen über die zugrunde liegende Logik, die Methoden zur Score-Berechnung sowie die Tragweite und die Auswirkungen dieser Verarbeitung. Pikamäe fordert daher eine transparentere Offenlegung der Score-Berechnungsmethoden.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu diesen Fragen bleibt abzuwarten und wird wichtige Auswirkungen auf den Datenschutz und die Transparenz bei der Verwendung von Scoring-Verfahren haben.
Die Forderungen nach mehr Datenschutz
Auch die Datenschutzkonferenz (DSK) hat Datenschutzbedenken und sieht Verbesserungspotenzial bei Scoring-Verfahren wie dem der SCHUFA und weiteren Anbietern. Die DSK setzt sich aktiv für mehr Transparenz und Datenschutz beim Kredit-Scoring ein. Daher hat sie Empfehlungen zur Verbesserung des Verbraucher- und Datenschutzes beim Kredit-Scoring vorgelegt. Diese zielen auf mehr Transparenz, Verständlichkeit und Fairness ab. Dazu gehören:
- Unterrichtungspflichten des für eine Entscheidung Verantwortlichen bei Verwendung von Score-Werten ausweiten
- Umfang und Detailtiefe sowie Verständlichkeit von Informationen und Auskunftsrechten verbessern
- Aussagekraft des konkreten Score-Werts und Prognosegenauigkeit transparenter machen
- Durch Speicherung übermittelter Score-Werte Auskünfte an die Betroffenen ermöglichen
- Durch Daten-Cockpits und Score-Simulatoren den Einfluss der verwendeten Merkmale auf die Berechnung nachvollziehbar machen
- Verzicht auf oder Verbot der Verwendung einzelner Kriterien im Scoring
- Score-Güte – Verfahren zur Sicherstellung richtiger und aktueller Daten für das Scoring
- Kontrollierbarkeit der Wissenschaftlichkeit und des Aussagewertes einer Score-Berechnung durch unabhängige Zertifizierung
Die DSK sieht dabei nicht nur die Unternehmen im Rahmen von Selbstverpflichtungen, sondern auch den Gesetzgeber in der Pflicht. Dieser sollte durch Anpassungen bzw. Ergänzungen im Verbraucher- und Datenschutz für Rechtssicherheit sorgen und einen klaren gesetzlichen Rahmen festlegen – und das sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Fazit
Die SCHUFA ist und bleibt ein wichtiger Akteur im Bereich der Bonitätsbewertung. Die Einführung des Score-Simulators ist ein Schritt in Richtung mehr Transparenz, doch Datenschutzbedenken und die Empfehlungen der DSK zeigen, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt.
Verbraucher:innen sollten sich bewusst sein, dass sie das Recht auf Auskunft über ihre SCHUFA-Daten haben und falsche oder unzulässig gespeicherte Informationen korrigieren lassen können – das gilt natürlich auch für andere Auskunfteien, wie Creditreform oder Arvato Infoscore. Der Datenschutz und die Rechte der Verbraucher:innen stehen an erster Stelle und es ist wichtig, dass diese Prinzipien bei der Bonitätsbewertung respektiert werden.
Quellen
Business Insider (2023): „Schufa-Score: Auskunftei verrät neue Merkmale, die entscheidend sind für eure Bonität“, 07. Spetember 2023, https://www.businessinsider.de/wirtschaft/verbraucher/schufa-score-auskunftei-verraet-neue-merkmale-die-entscheidend-fuer-bonitaet-sind/, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (2023): „Vorschläge für Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung zur Verbesserung des Datenschutzes bei Scoringverfahren“, 11. Mai 2023, https://datenschutzkonferenz-online.de/media/st/DSK-Handlungsempfehlungen_Verbesserung_des_Datenschutzes_bei_Scoringverfahren.pdf, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
Redaktion beck-aktuell (2023): „Schufa-Scoring verstößt gegen DS-GVO“, Verlag C.H.Beck, 16. März 2023, https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Freddok%2Fbecklink%2F2026476.htm&pos=13&hlwords=on, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
Schlee, Dipl. Jur. Nelli und Jonathan Stoklas (2023): „Bonify: Die neue App der SCHUFA zur digitalen Auskunftserteilung – ein datenschutzrechtliches Sodom und Gomorra?“, ZD-Aktuell, Heft 15, https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fzeits%2Fzdaktuell%2F2023%2Fcont%2Fzdaktuell.2023.01325.htm&pos=1&hlwords=on, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
SCHUFA (o. J.): „Alle Fragen & Antworten auf einen Blick“, https://www.schufa.de/themenportal/wichtigsten-fragen-antworten-score-simulator/#528172, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
SCHUFA (o. J.): „Ihre Daten bei der SCHUFA. Vertrauen als wichtige Grundlage“, https://www.schufa.de/scoring-daten/daten-schufa/, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.
SCHUFA (o. J.): „SCHUFA Themenportal. Aktuell & Wissenswert“, https://www.schufa.de/themenportal/score-simulator-sieben-wichtigste-faktoren/, letzter Zugriff am 02. Oktober 2023.