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© Kristina Fluor, Unsplash

Mangelnde Verschwiegenheit: Polizist zu Geldstrafe verurteilt

Zuletzt aktualisiert: 15. November 2022

Die Weitergabe von internen Daten ist ihm zum Verhängnis geworden. In einem neuen Urteil des Landgerichts Lübeck wurde ein Ex-Polizeigewerkschafter zu einer nicht unerheblichen Geldstrafe verurteilt.

Der Grund: Er habe sensible Informationen sowie Unterlagen an einen befreundeten Journalisten weitergegeben und quasi als „externer Rechercheur“ fungiert. Dabei unterliegt er in seinen Rollen als Polizeibeamter, Mitglied einer Polizeigewerkschaft und Mitglied des Hauptpersonalrats der Landespolizei Schleswig-Holstein bestimmten Verschwiegenheitspflichten.

Wir haben die Hintergründe sowie das Urteil zusammengefasst und gehen auf die unterschiedlichen Formen der Verschwiegenheitspflicht ein, die durchaus auch über das Beschäftigungsverhältnis hinaus bestehen können. 

Hintergrund

Dem Ex-Polizeigewerkschafter Nommensen aus Schleswig-Holstein wird vorgeworfen, in 16 Fällen sensible und geheime Informationen an einen befreundeten Journalisten weitergegeben zu haben. Im Rahmen des Prozesses wurden etwa Chatverläufe vorgelesen, in denen Nommensen quasi per Liveticker über Einsätze berichtet habe. Zusätzlich soll er Einsatzdetails, Fotos, vertrauliche Dokumente und Auszüge aus polizeilichen Datenbanken geteilt haben.

Laut vorliegenden Informationen hat Nommensen 2019 das erste Mal Informationen zu einem Einsatz während einer Geiselnahme in der JVA Lübeck veröffentlicht. Zu dieser Zeit seien häufiger interne Informationen an die Öffentlichkeit gelangt. Der Angeklagte sei der einzige Beamte, der Zugriff auf alle Informationen hatte. Im August 2019 kam es zudem zu einer Razzia im Kieler Büro der Deutschen Polizeigewerkschaft. Diese galt Nommensen, so der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft. Aufgrund der Vorwürfe trat Nommensen im Dezember 2019 von seinen Ehrenämtern zurück und wurde vom Dienst suspendiert.

Nommensen selbst sagt, dass es ihm darum gehe, Missstände in der Landespolizei zu bekämpfen. Laut Staatsanwalt seien dadurch allerdings das Dienstgeheimnis- sowie das Persönlichkeitsrecht diverser Personen verletzt und Ermittlungen gefährdet worden. Daher sei Nommensen vielmehr vorzuwerfen, dass er die Landespolizei schlecht dastehen lassen wollte. Folglich wurde der Vorwurf, Nommensen habe gegen seine Verschwiegenheitspflicht im Rahmen seiner Tätigkeiten verstoßen, zur Anklage gebracht. 

Das Urteil

Im Laufe des Prozesses hat Nommensen die Vorwürfe gestanden und sich schuldbewusst gezeigt. In einigen Punkten wurde Nommensen freigesprochen. In den meisten Fällen habe er jedoch gegen die Vertraulichkeit von Dienst- und Privatgeheimnissen verstoßen.

Nun muss Nommensen in 300 Tagessätzen eine Geldstrafe von insgesamt 12.000 Euro zahlen. Der vorsitzende Richter hat dies unter anderem mit der eindeutigen Vorsätzlichkeit von Nommensens Handlungen begründet.

Das Urteil ist damit vergleichsweise milde ausgefallen. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gefordert. Damit hätte Nommensen automatisch seinen Beamtenstatus und Rentenansprüche verloren. Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtsgültig. Gegen Nommensen läuft noch ein Disziplinarverfahren, in welchem beide Seiten prüfen, ob sie weitere Rechtsmittel einlegen wollen. 

Zur Verschwiegenheitspflicht

Die Regeln zur Verschwiegenheit sind je nach Arbeitgeber und Beschäftigungsverhältnis unterschiedlich. So gelten beispielsweise für Angestellte bei kirchlichen Trägern, Verbeamtete oder ehrenamtlich Tätige andere Gesetze als für Arbeitnehmer:innen in der freien Wirtschaft.

In der freien Wirtschaft gilt: Besteht ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, sind Arbeitnehmer:innen verpflichtet, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses über bestimmte Betriebs- und Unternehmensinterna Stillschweigen zu bewahren.

Derartige Verschwiegenheitspflichten ergeben sich unter anderem aus dem Geschäftsgeheimnisgesetz, (indirekt) aus dem Datenschutzrecht und aus arbeitsvertraglichen Regelungen, die durch nachvertragliche Wettbewerbsverbote auch über die Ausübung der Tätigkeit hinaus gelten können. 

In Bezug auf personenbezogene Daten, die während der Tätigkeit verarbeitet oder zur Kenntnis genommen werden, gilt beispielsweise eine fristlose, also lebenslange Verschwiegenheit, da es sich hier um die Rechte Dritter handelt.

Zudem kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht untermauern, indem auch gewonnene Spezialkenntnisse nicht im Wettbewerb genutzt werden dürfen.

Auch Ehrenamtliche unterliegen bestimmten Verschwiegenheitspflichten, die über die eigentliche Tätigkeit hinaus gelten können. Was genau gilt, hängt davon ab, wo die Ehrenamtlichen tätig sind. So haben beispielsweise der Bund im Verwaltungsverfahrensgesetz oder die evangelische Kirche in der Kirchenordnung eigene Vorgaben erlassen.

Beschäftigte und Ehrenamtliche sollten daher auch nach Beendigung ihrer Tätigkeiten vorsichtig sein und genau prüfen, welche Informationen sie an wen weitergeben dürfen. Nicht zuletzt, da empfindliche Strafen drohen können. Neben Kündigungen kann es bei einem Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz beispielsweise zu Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren kommen.

TippIn der Praxis kann es sinnvoll sein, Verschwiegenheitspflichten vertraglich festzuhalten – und das in Bezug auf alle geltenden Rechtsformen (z. B. Geschäftsgeheimnisgesetz, Datenschutz oder anderweitig geltende Normen).

Person sitzt mit einer Zeitung auf einer Bank

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Quellen

Geisslinger, Esther (2019): „Mission Schadensbegrenzung: Polizist Nommensen tritt zurück“, taz, 06. Dezember 2022, https://taz.de/Polizist-Thomas-Nommensen-tritt-zurueck/!5643869/, letzter Zugriff am 02. November 2022.

Haufe (2020): „Das Geschäftsgeheimnisgesetz und die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers“, 08. Dezember 2020, https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/verschwiegenheitspflicht-des-arbeitnehmers_76_531756.html, letzter Zugriff am 02. November 2022.

NDR (2022): „12.000 Euro Geldstrafe für Ex-Polizeigewerkschafter Nommensen“, 19. Oktober 2022, https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/12000-Euro-Geldstrafe-fuer-Ex-Polizeigewerkschafter-Nommensen,nommensen132.html, letzter Zugriff am 02. November 2022.

NDR (2022): „Prozess um Geheimnisverrat bei Polizei auf der Zielgeraden“, 08. August 2022, https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Prozess-um-Geheimnisverrat-Ex-Chefredakteur-,nommensenprozess100.html, letzter Zugriff am 02. November 2022. 

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